Auf der Suche nach nachhaltigen Materialien für die Bekleidungsindustrie scheinen Algen eine interessante Alternative zu z.B. Baumwolle zu sein, da sie z.B. in Meerwasser sehr regenerativ wachsen und für die Verarbeitung praktisch kein Wasser benötigen. Außerdem haben Algenstoffe eine vitalisierende Wirkung. Wir haben einen Blick auf die Besonderheiten und Herausforderungen geworfen.
Algen gehören nicht zur Gattung der Pflanzen, sondern sind heterokont. Sie wachsen in Seen und Meeren, z. B. in Seetangwäldern, und das schon seit etwa 5 bis 23 Millionen Jahren. Seetang (eine Art von Algen) kann bis zu 100 Meter lang werden. Algen produzieren eine große Menge an Sauerstoff und binden enorme Mengen an Kohlendioxid.
Algen können geerntet werden und wachsen überall auf der Welt in 2 bis 4 Jahren nach. Sie sind daher eine wertvolle Ressource. Algen sind widerstandsfähig, aber auch biologisch abbaubar. Das sind gute Voraussetzungen für Kreislaufsysteme. Könnten wir nicht Algen als Stoff für unsere Kleidung verwenden?
Einige Unternehmen, wie die Smartfiber AG aus Deutschland, haben diese Idee aufgegriffen. Sie vertreiben seit 15 Jahren SeaCell, ein Garn aus Algen und Modal (Holzwerkstoff). Außerdem bietet die Firma GREY Berlin das patentierte Vitadylan-Gewebe an, das neben Algen auch Zink enthält. Beide Unternehmen verarbeiten hauptsächlich isländische Braunalgen.
Das Besondere an dem Algengewebe ist, dass es weich und atmungsaktiv ist. Die natürliche Feuchtigkeit der Haut setzt beim Tragen Mineralien, Spurenelemente und Vitamine frei, die u.a. entzündungshemmend auf die Haut wirken. Im Sommer kühlen sie die Haut und im Winter wärmen sie sie besonders gut. Die Stoffe sind auch in der Lage, Schweißgeruch zu binden. Algen aktivieren die Zellregeneration und schützen die Haut vor freien Radikalen. Eine Wohltat für die Haut. Dieser Effekt wird bereits in der Kosmetikindustrie genutzt. Der Anteil an Zinkdioxid in den Fasern schützt den Körper auch vor UVA/UVB-Strahlung.
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Materialien, die in der Bekleidungsindustrie am häufigsten verwendet werden, enthalten SeaCell und Vitadylan keine Chemikalien oder andere schädliche Stoffe. SeaCell wurde neben vielen anderen Zertifizierungen mit dem OEKO-TEX® Standard 100 ausgezeichnet.
Die Fasern werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Sie sind völlig unbehandelt und biologisch. Die isländischen Algen stammen von Seegrasfeldern. Dort werden sie schonend und nachhaltig geerntet. Dabei wird nur der obere Teil der Algen entfernt, so dass sie wieder austreiben können. Die geernteten Algen werden anschließend grob zerkleinert, gemahlen und gleichmäßig in die Zellulosefaser eingearbeitet. Der Produktionsprozess verbraucht wenig Energie und vor allem sehr wenig Wasser. Algen können vielfältig eingesetzt werden, z.B. in der Kosmetikindustrie, als Lebensmittel, als Farbpigmente.
Neben den beiden bereits erwähnten Unternehmen arbeitet algiKnit aus Brooklyn, New York, an Biopolymergarnen auf Algenbasis. Sie wollen sie aufgrund ihres Zero-Waste-Ansatzes vor allem zum Stricken verwenden. Die ersten Anwendungen werden Accessoires wie Handtaschen sein.
Mehrere Designer experimentieren bereits mit dem Algenstoff (z.B. Umasan oder Seaweed Fashion). Es gibt bereits Kleidung aus Algen auf dem Markt. Hier in Berlin gibt es z.B. GREY Berlin Fashion. Sie stellen Basics wie Leggings, Unterwäsche und T-Shirts aus dem Wunderstoff her. Weitere Anbieter sind CALIDA, Speidel, Palmers, Hugo Boss und FTC Cashmere. Eine sehr schöne Anwendung ist die Babywindel SUMO. Bei Story of mine gibt es Homewear aus Algen.
Außerdem produziert Vivobarefoot aus England einen natürlichen Schaumstoff aus Algen, der unter anderem für die Herstellung von Badeschuhen verwendet wird. Vivobarefoot erntet die Algen dort, wo sie wachsen, aber Schaden anrichten würden. Badepantoffeln aus Algen gibt es bereits bei H&M zu kaufen.
Die sogenannten Meereszellfasern sind noch sehr kostenintensiv und noch nicht wirklich etabliert. Es gibt extreme Herausforderungen für Spinner und Weber, deren Maschinen keine perfekte Umgebung für die Verarbeitung des Materials bieten. Die Beispiele auf dem Markt zeigen aber, dass es möglich ist. Gerade für Allergiker und Menschen mit empfindlicher Haut ist das ein Segen. Wir hoffen, dass mehr Unternehmen mit algenbasierten Materialien arbeiten werden.
techround.co.uk/startups/sustainable-textile-startups
www.forbes.com/sites/jenniferhicks/2018/06/15/see-how-algae-could-change-our-world
www.lilligreen.de/gruene-mode-aus-algen
www.fashion-insider.de/2695/kleidung-aus-algenfasern-neuer-trend
www.deutschlandfunkkultur.de/mode-aus-algen-die-umweltfreundliche-alternative-aus-dem.1008.de.html?dram:article_id=385287
greyberlin.de
www.fashion-insider.de/2695/kleidung-aus-algenfasern-neuer-trend
utopia.de/ratgeber/kleidung-der-zukunft-algen-milch-nesseln-plastik
presseinfos.at/powerstoff-alge-grey-fashion-mit-natuerlichen-meeresmineralien
www.greengadgets.de/2020/07/30/biobombola-algen-zuechten-und-spass-dabei
www.story-of-mine.com